DOKTOR EISENBARTH

Geboren am 27. März 1663 in Oberviechtach

 


Geschichte

Dem aufmerksamen Betrachter werden in Oberviechtach mancherorts Hinweise auf eine historische Persönlichkeit begegnen, die der Stadt ihren Beinamen gegeben und ihr so auch überörtlich Bekanntheit verschafft hat: Doktor Johann Andreas Eisenbarth.

Der bewegte Lebenslauf dieses berühmten Okulisten Bruch- und Steinschneiders liest sich nicht minder interessant und abenteuerlich als die Geschichte der Rehabilitation seines Rufs, der unter dem weitverbreiteten Spottlied, das mehr als siebzig Jahre nach Eisenbarths Ableben entstand, arg zu leiden hatte. Geboren am 27. März 1663 in Oberviechtach, kam Eisenbarth nach dem Tod seines Vaters Matthias im Jahr 1673 nach Bamberg, wo er bei Alexander Biller, einem hochangesehenen Wundarzt, das Handwerk seines Vaters und Großvaters erlernte.

Selbständigkeit

Zwölf Jahre später, als 22jähriger, machte er sich selbständig und begab sich auf Wanderschaft. Damit begann für ihn eine Laufbahn, die ihn durch ganz Deutschland führte und ihm Berühmtheit einbrachte. In mehr als 100 Orten ist sein Auftreten heute nachweisbar, und von seinem Ruhm, den er durch sein Können erwarb, zeugen zahlreiche Privilegien, Anerkennungsschreiben, Auszeichnungen und Titel.

Kluger Kaufmann

Eisenbarth hatte aber nicht nur als geschickter Operateur großen Erfolg, er zeigte sich auch im Vertrieb medizinischer Artikel als kluger Kaufmann. Zudem war er ein Meister der Werbung und Selbstdarstellung. In seiner Glanzzeit führte er, von Ort zu Ort, von Jahrmarkt zu Jahrmarkt ziehend, über 100 Personen, unter ihnen Seiltänzer, Harlekine und Feuerschlucker, mit sich.

Ein Vorauskommando kündigte in Flugblättern und Zeitungsanzeigen sein Kommen an. Ausrufer verlasen Anerkennungsschreiben und Privilegienbriefe und priesen in überschwenglicher Weise seine beispiellosen Behandlungen, Heilungen und Arzneien. Die Operationen selbst fanden dann entweder auf offener Bühne oder in einem Zelt, seltener in einer Schankstube statt.

„Ich bin der berühmte Eisenbarth!" - Mit diesen Worten pflegte der „Doktor", kostbar gewandet, auf dem Kopf die lange Allongeperücke und in der Hand den Arztstab, sich bei seinen Auftritten der neugierig wartenden Menge vorzustellen. In verschiedenen Eisenbarthspielen, so auch in Oberviechtach, läßt man sein Leben und Wirken wieder „auferstehen".

Ob seines Könnens und seiner Erfolge konnte es nicht ausbleiben, daß der Wanderarzt bald zu einem wohlhabenden Mann wurde. 1703 erwarb er in Magdeburg das große Haus „Zum güldenen Apfel", das er zu seinem Stammquartier und zum Sitz seiner Arzneimittelherstellung machte.

1717, auf dem Höhepunkt seines Ruhms, wurde Eisenbarth von König Friedrich Wilhelm I. der Titel „Königlich preußischer Hofrat und Hofokulist" verliehen.

Am 11. November 1727, während eines Aufenthalts in Hann. Münden, starb der große Sohn Oberviechtachs nach kurzer Krankheit.

Spottlied

Die Tatsache, daß Eisenbarth nach seinem Tod wie kaum ein anderer Arzt im Volksbewußtsein lebendig geblieben ist, gründete sich aber zunächst nicht auf seine Leistungen auf dem medizinischen und pharmazeutischen Sektor. Vielmehr war es das Spottlied „Ich bin der Doktor Eisenbarth, kurier die Leut nach meiner Art", das seinen Namen über die Jahrhunderte trug. Diese Verunglimpfung ging sogar soweit, daß er lange Zeit nur für eine legendäre Person, eine freie Phantasieschöpfung als Inbegriff des Kurpfuschers, Scharlatans und Marktschreiers gehalten wurde. Man projizierte das oftmals abenteuerliche und betrügerische Handeln der zahllosen Wanderchirurgen des 17. und 18. Jahrhunderts auf die Person Eisenbarths und machte ihn somit in der Auffassung weiter Bevölkerungskreise zu deren typischen Vertreter. In dieser Rolle wurde Eisenbarth zur Hauptfigur von Romanen, Erzählungen, Theaterstücken, Singspielen, Liedern und Gedichten und dadurch über Deutschland hinaus bekannt.

Wiederherstellung des Rufs als medizinische Kapazität

Trotz der gegen Ende des 19. Jahrhunderts einsetzenden ernsthaften wissenschaftlichen Beschäftigung mit dem Leben und Wirken des Wanderarztes dauerte es bis in die siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts, bis Eisenbarths Ruf als medizinische Kapazität, die er zweifelsohne war, endgültig wiederhergestellt war. Obgleich er nie eine Universitätsausbildung genossen hatte, ragte er eben nicht nur in seinen chirurgischen Fähigkeiten, sondern auch in seiner Ethik als Arzt über den Durchschnitt seiner Standesgenossen hinaus.

Mit für heutige Verhältnisse erstaunlich einfachen Instrumenten führte Eisenbarth, der selbst eine Starnadel und einen Polypenhaken erfand, schwierige Operationen mit großem Erfolg durch. Das vorliegende Bild zeigt ein Starstechinstrumentarium.


Abb.: Starstechinstrumentarium